Pferde richtig füttern

Das natürliche Fressverhalten unserer Sport- und Freizeitpartner unterscheidet sich auch nach Millionen von Jahren nicht wesentlich von dem der einstigen Lauf- und Steppentiere. In ihrem natürlichen Lebensraum sind Pferde bis zu 16 Stunden mit Fressen beschäftigt. Dabei legen sie bei langsamen Schritt täglich bis zu 40 km zurück. Als Pferdehalter kann man durch eine richtige und individuell abgestimmte Fütterung viele Krankheiten vorbeugen.

 

Themenüberblick:

 

Die Besonderheiten des Verdauungssystems

Was steht auf dem Speiseplan?

Mit Raufutter lange Fresspausen vermeiden

Kraftfutter an die Leistung anpassen

Obst und Gemüse als Leckerli geben

Mit diätischen Komponenten gezielt die Gesundheit fördern

Mineralfutter gezielt abstimmen


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Die Besonderheiten des Verdauungssystems

Den einstigen Steppenbewohnern standen eher energiearmes, faserreiches Futter zur Verfügung. Da Futter nicht immer im Überfluss vorhanden war, fraßen Pferde wann immer es möglich war, wobei sich das Verdauungssystem auf eine sehr gute Verwertung der faserreichen Gräser eingestellt hat. Die Verdauung des Pferdes ist auf eine kontinuierliche Futteraufnahme ausgerichtet. Ein Pferdemagen produziert ständig Magensäure. Diese kann nur durch Speichel neutralisiert werden. Kaut ein Pferd also zu wenig, wird nicht ausreichend Speichel produziert und die Magensäure greift die Schleimhaut an. Zu lange Fresspausen (mehr als 4 Stunden) können Magengeschwüre und Koliken zur Folge haben.

 

Weiterhin sollte die Futtergestaltung nicht ausschließlich auf die ernährungsphysiologische Nährstoffabdeckung zielen. Aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte haben Pferde das Bedürfnis ständig zu fressen und sich dabei zu bewegen. Fressen ist für Pferde auch eine Beschäftigung. Sie müssen ausreichend Zeit und Ruhe für die Nahrungsaufnahme haben. Ist dieses nicht gegeben kann es sogar zu Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu Verhaltensstörungen kommen. Ausreichend Weidegang, aber auch Offenstallhaltung und ein dauerhaftes Angebot von Raufutter kommen dem natürlichen Fressverhalten entgegen. 


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Was steht auf dem Speiseplan?

Die Futterzusammenstellung ist individuell an die Gegebenheiten des Pferdes (z.B. Rasse, Alter und Größe), die Leistung sowie die Haltungsbedingungen und Jahreszeit anzupassen. Grundsätzlich lassen sich die Futtermittel in die folgenden Gruppen aufteilen:

  • Raufutter
  • Kraftfutter
  • Saftfutter
  • Diätische Futterkomponenten
  • Mineralstoffe und Spurenelemente

Frisches, sauberes Wasser sollte zur ständigen Verfügung stehen.


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Mit Raufutter lange Fresspausen vermeiden

Raufutter bildet den Grundbaustein der Pferdefütterung. Rohfaserreiches Futtermittel (Raufutter) sind Weidegras, Heu, Stroh, aber auch Silage und Heulage. Als Richtwert sollte man 1,2 bis 2,5 kg Raufutter/ Heu je 100 kg Pferdegewicht füttern. Wie oben beschrieben, ist das Verdauungssystem auf eine energiearme, rohfaserreiche Ernährung ausgerichtet. Heu bildet die ideale Basis einer guten Fütterung, da es dem ursprünglichen Futterangebot am nächsten kommt und das Pferd lange mit der Futteraufnahme beschäftigt ist. 


Es wird empfohlen, wenigstens den Erhaltungsbedarf an Energie über Heu zu decken. Hochwertiges Heu enthält bereits alle lebenswichtigen Nährstoffe, um den Bedarf eines leicht arbeitenden Pferdes zu decken. Es enthält neben den wichtigen Rohfasern, Kohlenhydrate, Eiweiß und auch Fette, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine. Qualitativ gutes Heu ist ein knappes Gut, weshalb es häufig mit Stroh "gestreckt" wird. Auch bei leichtfuttrigen Pferden ist dies ein Ansatz dem Beschäftigungsbedürfnis "energiesparend" entgegen zu kommen. Es ist aber wichtig zu wissen, dass beim Fressen von Stroh weniger Speichel produziert wird. Aufgrund des trockeneren Zustands des Nahrungsbreis, wird er langsamer durch den Magen-Darm-Trakt geschoben. Es kann zu Verstopfungen, im schlimmsten Fall zur Kolik kommen. Deshalb sollte Stroh nicht mehr als ein Drittel der Raufutterration ausmachen. Ausreichend Wasser und Bewegung vorausgesetzt. Um eine erhöhte Futteraufnahme zu vermeiden, kann auch auf Heunetze und Sparraufen zurückgegriffen werden.

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Kraftfutter an die Leistung anpassen

Kraftfutter bezeichnet Getreide sowie daraus hergestellte Mischungen, Müslis und Pellets. Während allen Getreidesorten ein hoher Energiegehalt gemein ist, variieren sie in Protein- und Fettanteil sowie anderen Nährstoffen. Traditionell werden Hafer und Gerste gefüttert. In Futtermischungen findet man auch Mais, Weizen, Triticale und Dinkel. Die folgende Tabelle soll einen Überblick über die Eignung am häufigsten in der Pferdefütterung verwendeten Getreidesorten geben.


 

   Hafer
   Eigenschaften
  
  • Sehr gut verdaulich
  • Hoher Spelzenanteil fördert die Kautätigkeit und Speichelbildung
  • Energiereich - Stärke ist leicht verdaulich und wird schnell in Energie umgesetzt (hohe Magen-Dünndarm-Verdaulichkeit)
  • Entlastung des Dickdarms kann Risiko für Hufrehe vermindern
  • Hoher Anteil von Schleimstoffen fördert die Verdauung
  • Hoher Rohfaseranteil
  • Hoher Anteil ungesättigter Fettsäuren wirken sich positiv auf das Fell aus
  • Samenschale besitzt hohen Mineralgehalt
   Fütterungshinweise
 
  • Kann unzerkleinert gefüttert werden, wenn das Gebiss voll funktionsfähig ist
  • Durch Quetschen nimmt die Verdaulichkeit ca. 10% zu; allerdings verdirbt gequetschter Hafer schneller  
  • Aufgrund der vielen positiven Eigenschaften eignet sich Hafer sehr gut als Pferdefutter
   Gerste
   Eigenschaften
  
  • Energiereich und proteinarm
  • Besseres Aminosäurenmuster als Hafer
  • Energie fließt langsamer in den Stoffwechsel ein (später im Dünndarm verdaut) -> macht Gerste weniger "kernig" als Hafer bei gleich viel Energie
  • Die "langsame" Energie und das gute Proteinmuster unterstützten den Muskelaufbau
  • Nachteil gegenüber Hafer: Geringere Magen-Dünndarm-Verdaulichkeit kann zu Überlastung im Dickdarm und somit zu Verdauungsproblemen führen
  • Geringerer Rohfasergehalt
   Fütterungshinweise
  
  • Pro Mahlzeit nicht zu viel füttern, um eine Überlastung des Dickdarms zu vermeiden
  • Quetschung empfohlen, da die harten Körner ungern gekaut werden und Verdaulichkeit um 15% zu steigt (gequetschte Gerste nicht so schnell ranzig wie Hafer)
  • Geeignet für gemischte Pferdebestände unterschiedlicher Leistungslevel
  • Sollte um essentielle Fettsäuren ergänzt werden
   Mais
   Eigenschaften
  
  • Deutlich mehr Energie, aber auch weniger Protein als andere Getreidesorten
  • Hoher Anteil an Stärke, die aber schwer verdaulich ist
  • Geringer Rohfasergehalt
   Fütterungshinweise
  
  • Vor dem Füttern zerkleinern, so dass er leichter verdaulich wird
  • Aufgeschlossener Mais liefert sehr schnell Energie und ist deshalb in Maßen zu füttern
  • Bei Mischfutter sollte der Anteil max. bei 10-15% liegen
  • Es sollte ausreichend Raufutter zur Verfügung stehen und um essentielle Fettsäuren und Mineralien ergänzt werden
   Müslis und Pellets
   Eigenschaften
  
  • Abdeckung eines breiten Nährstoffbedarfs
  • Werden aufgrund des guten Geschmacks und Geruchs gerne von Pferden gefressen
   Fütterungshinweise
  
  • Hafer und Gerste werde als Hauptbestandteile empfohlen
  • Anteil von Abfallstoffen anderer Industrien als Füllmittel oder Geschmacksverstärkerer sollte möglichst gering sein
  • Ideal ist eine individuell auf das Pferd und sein Training angepasstes Futtermischung
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Obst und Gemüse als Leckerli

Zu Saftfutter zählen Obst und Gemüse. Äpfel, Möhren, Rüben und Rote Beete sind gern gesehene Leckerbissen und liefern neben Energie vor allem auch Vitamine. Insbesondere im Winter, wenn kein frisches Gras zur Verfügung steht, kann hier einem Vitaminmangel entgegengewirkt werden. Zuckerreiches Obst wie Äpfel und Bananen sollten jedoch nicht in großen Mengen, sondern bewusst als Leckerli gefüttert werden.


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Mit diätischen Komponenten gezielt die Gesundheit fördern

Die im Folgendem aufgezählten Futtermittel können als ergänzende Fütterung für eine gezielte Verbesserung der Gesundheit des Pferdes eingesetzt werden.

   Flohsamen
  
  • Samen des indischen Wegerichs
  • Werden aufgrund ihrer starken Quelleigenschaften bei der Regulation von Verdauungsstörungen eingesetzt
   Kräuter
 
  • Gezielt gefüttert, können Kräuter sich positiv auf das Wohlbefinden von Pferden auswirken
  • Sind reich an Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen
  • Enthaltenen ätherische Ölen wird eine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung nachgesagt; sie fördern weiterhin den Auswurf bei Husten
  • Enthaltene Bitterstoffe wird eine entschlackende, entgiftende und Verdauungsfördernde Wirkung zugesagt
  • Enthaltenen Gerbstoffe hemmen die Zersetzung von Geweben, wirken entzündungshemmend und werden z.B. bei der Bekämpfung von Kotwasser und Durchfall eingesetzt
  • Es ist zu unterscheiden zwischen Kräutern, die dauerhaft gefüttert werden können und Kräutern, die aufgrund ihrer pharmakologischen Wirkung nur gezielt aus einem gesundheitsfördernden Grund und zeitlich begrenzt gegeben werden können
  • Ein Grundwissen sollte vorhanden sein, da es bei zu hohen Dosierungen oder bestimmten Kräuterkombinationen zu Nebenwirkungen kommen kann
   Leinsamen
 
  • Für Pferde sehr gut geeignete Ölfrucht, die sich positiv auf Verdauung, Haut, Fell und das Immunsystem auswirkt
  • Liefern ungesättigte, essentielle Fettsäuren und hochwertige Proteine
  • Quellbare Schleimstoffe wirken sich positiv auf die Verdauung aus
  • Ungekocht verträgt ein Großpferd etwa 70-100g/ Tag
  • Wegen seines Blausäuregehalts, sollte der Leinsamen bei größeren Mengen vor dem Verfüttern abgekocht werden
   Mash
 
  • Man füttert es meist bei besonderen Fällen, wie z.B. nach Koliken, Operationen oder besonderer körperlicher Anstrengung
  • Besonders leicht verdaulich, regt die Darmperestaltik an und wird aufgrund der Schleimstoffe leicht durch den Verdauungstrakt geleitet
  • Mash wird mit warmen Wasser angerührt und quellen gelassen
  • Besteht meist aus gekochten Leinsamen, gequetschtem Hafer, Weizenkleie und Salz
   Melasse
 
  • Besteht hauptsächlich aus Zucker und Wasser
  • Gilt als "Appetitanreger" und dient in der Pelletierung u.a. als Staubbinder und Bindemittel
  • Reich an Mineralien, sekundären Pflanzenstoffen und dem Spurenelementen
  • Aufgrund des hohen Zuckergehalts nur in geringen Mengen verfüttern
  • Bei Pferden mit Stoffwechsel- und Darmerkrankungen ist die Fütterung abzuwägen
  • Kann hilfreich bei schwerfuttrigen Pferden sein
   Pflanzenöle
 
  • Guter Lieferant für essentielle Fettsäuren und Energie
  • Die gängigsten Öle in der Pferdefütterung sind Leinöl, Hanföl, Mariendistelöl, Reiskeimöl, Schwarzkümmelöl und Nachtkerzenöl
  • Zufütterung von Ölen aufgrund ihrer positiven Effekt auf z.B. Haut, Fell, Hufqualität, Lösung fettlöslicher Vitamine, Muskelaufbau und Kondition
  • Vorsicht bei der Menge: Das Verdauungssystem ist evolutionsbedingt nicht auf fettreiche Mahlzeiten eingestellt
  • Dürfen nicht überdosiert werden, da Öl auch die Aufnahme anderer Nährstoffe über die Darmschleimhaut stören kann
   Sonnenblumenkerne
 
  • Wie bei Leinsamen handelt es sich um Ölfrüchte
  • Äußerst gesundes und leckeres Futterergänzungsmittel für Pferde
  • Sehr hoher Anteil ungesättigter Fettsäuren
  • Hoher Eiweißanteil, sind reich an der essentiellen Aminosäure Methionin
  • Hoher Rohfaseranteil
  • Enthalten weiterhin Vitamine, etwas ß-Carotin, Calcium, Jod und Magnesium
  • Können mit Schale verfüttert werden, dadurch werden die Kerne langsam und gründlich gekaut
  • Insbesondere im Winter und während des Fellwechsels empfohlen
  • Ca. 1 Esslöffel bis eine Handvoll pro Tag dem Futter zu setzen
   Weizenkleie
 
  • Ist der Schälrückstand (Aleuronschicht), die vor dem Mahlen von Weizen abgetrennt wird
  • Enthält weder Weizenmehl noch Gluten
  • Reich an essentiellen Aminosäuren, Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen
  • Wirkt darmregulierend, aufgrund der leicht abführenden Wirkung
  • Wird z.B. nach Koliken oder vorbeugend bei Verdauungsproblemen gefüttert
  • Nur als Kur, mit ausreichend Wasser als Brei füttern
   Zuckerrübenschnitzel
 
  • Enthalten hauptsächlich Pektine und Zucker
  • Proteinarm
  • Dienen als appetitanregender Zusatz
  • Müssen vor der Verfütterung mindesten 8 Stunden in der 4-6-fachen Menge Wasser eingeweicht werden
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Mineralfutter individuell abstimmen

Früher konnten Pferde ihren Bedarf an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen durch selektives Fressen bestimmter Kräuter decken. 

Während Vitamine teilweise selbst vom Körper hergestellt werden können, müssen Mineralstoffe über die Nahrung aufgenommen werden. Zu den Mineralstoffen, die Pferde benötigen, zählen:

  • Kalzium (Ca)
  • Phosphor (P)
  • Kalium (K)
  • Magnesium (Mg)
  • Natrium (Na)
  • Chlor (Cl)
  • Schwefel (S)

Kalzium und Phosphor sind in der Regel bereits ausreichend im Heu vorhanden. 

 

Die für Pferde entscheidenden Spurenelemente sind:

  • Jod (I)
  • Kupfer (Cu)
  • Eisen (Fe)
  • Kobalt (Co)
  • Selen (Se)
  • Mangan (Mn)
  • Zink (Sn).

Zink, Kupfer und Selen werden oft nicht ausreichend abgedeckt werden. 

 

Für ein normal arbeitsendendes Pferd genügt in der Regel ein Salzleckstein. Diese enthalten Natrium und Chlor, welche nicht über das normale Futter aufgenommen werden können. Ein Mineralleckstein eignet sich um zusätzlich auch Spurenelemente, wie z.B. Mangan und Zink abzudecken. Jungpferde, Zuchtpferde und Zuchtstuten haben einen erhöhten Bedarf an Mineralstoffen. Bei Pferden die viel schwitzen kann es zu Natrium-, Kalium- und Chlormangel kommen. Im Bereich des Hochleistungssportes (vor allem Renn-, Distanz- und Vielseitigkeitspferde) helfen handelsübliche Elektrolyte, die als Zusatzfuttermittel verabreicht werden. Auch beim Bedarf an Spurenelementen ergeben sich große Unterschiede. Beispielsweise haben alte Pferde einen erhöhten Bedarf an Selen und Zink. Um eine alters- und leistungsgerechte Vitalstoffabdeckung zu gewährleisten empfiehlt sich eine gezielte Zufütterung von Mineralfutter.



Stand: 10.05.2020

 

Quellen:

Dr. Christina Fritz - Pferde fit füttern, Cadmus 2013

www.lpbb.de/files/lpbb/images/Wert%20Pferd/Leitlinien%20Pferdehaltung.pdf

www.pferd-aktuell.de/ausbildung/pferdehaltung/pferdefuetterung

www.st-georg.de/wissen/pferdefuetterung/

www.vet-tcm.de/beitraege/13-pferde/60-das-gute-korn